In den letzten Jahren häufen sich Fälle neurologischer Auffälligkeiten bis hin zu eindeutigen Schmerzattacken beim Pomeranian beziehungsweise Zwergspitz und, tendenziell weniger aber dennoch präsent, auch beim Kleinspitz. Die Symptome sind vielfältig und nicht jeder Spitz zeigt dasselbe Krankheitsbild. Manche Spitze sind dabei deutlich stärker betroffen als andere; teils so stark, dass ein schmerzfreies Leben absehbar nicht mehr für möglich gehalten wird.
Können zahlreiche Differenzialdiagnosen (d. h. andere Ursachen für die Symptome) ausgeschlossen werden, kann ausschließlich eine MRT Gewissheit verschaffen, ob hinter dem Beschwerdebild eine kraniozervikale (d. h. Übergang von Kopf zu Hals) Fehlbildung steckt. Ein erfahrener Tierarzt entdeckt hier nämlich möglicherweise Zeichen einer Chiari-like Malformation Type I (CM), Syringo(hydro)myelia (SM) oder eines Atlanto-occipital Overlappings (AOO). Möglich ist auch ein Mischbild mehrerer der vorgenannten Erkrankungen, da sie sich teilweise bedingen.
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Chiari-like Malformation Type I (CM)
Die Chiari-Malformation Typ I beschreibt in der Humanmedizin Missbildungen der hinteren Schädelgrube, d. h. am Übergang zu den Halswirbeln/Nacken. Bei Hunden war ein vergleichbares Phänomen zunächst und heute noch immer am häufigsten beim Cavalier King Charles Spaniel (CKCS) zu finden, daher der Name Chiari-like ("like" = "wie") Malformation Type I.
CM beim Hund bedeutet grob, dass der Schädel zu klein für das Gehirn ist. In der Folge quellen Anteile des Gehirns in Richtung Halswirbel aus dem Schädel hervor, wo er zum Nacken hin einen Ausweg bietet: den Spinalkanal. Dabei werden nicht nur Teile des Gehirns komprimiert; der dadurch entstehende zusätzliche Druck auf den Spinalkanal und umliegende Strukturen bedingt wiederum die Entstehung der Syringo(hydro)myelie.
Syringo(hydro)myelia (SM)
Treten durch CM-bedingte Fehlbildunden des Schädels Anteile des Gehirns zum Nacken hin aus und drücken damit auf den Spinalkanal, stört dies i. d. R. den Abfluss von Liquor (Hirnwasser). Bei gesunden Hunden läuft Liquor über die äußere Schicht des Spinalkanals problemlos aus dem Schädel ab; ist das nicht möglich, sucht sich das Hirnwasser andere Wege nach draußen: direkt durch den Spinalkanal.
Hierdurch entstehen Syringen, die man im MRT deutlich als weiße Signalanhebungen mitten im Spinalkanal erkennen kann. Dort, wo eigentlich ungestört wichtige Nervenbahnen verlaufen sollten. Diese werden bei SM durch den Druck des Hirnwassers ständig gereizt. Gleichzeitig steigt durch den beeinträchtigen Abfluss von Hirnwasser im Schädel selbst der Druck—beides kann, je nach Schweregrad, Symptome zwischen leichten Beschwerden und stärksten Schmerzen auslösen, die teils schubförmig auftreten (auch umweltbedingt), teils ständig vorhanden sind.
Hydrocephalus
Damit einhergehend sind häufig ein Hydrozephalus (Wasserkopf) und eine offene Fontanelle (nicht ganz geschlossene knöcherne Schädeldecke) zu beobachten. Ein Hydrozephalus entsteht durch abnormale Liquoransammlungen im Schädel, bedingt durch einen gestörten Abfluss. Der erhöhte Druck führt unter anderem zur Verdrängung von Hirngewebe, neurologischen Ausfällen und Schmerzen. Teils sieht man bereits jungen Welpen den Hydrozephalus an (besonders großer, runder Kopf mit heraustretenden, nach außen schielenden Augen), teils wird er erst durch gezielte Diagnostik erkannt und ist äußerlich nicht eindeutig festzustellen—besonders bei ohnehin schon rundköpfigen Rassen.
Eine offene Fontanelle kann Hinweis für einen Hydrozephalus und möglicherweise auch CM/SM sein; sie tritt allerdings grundsätzlich häufig bei Zwergrassen mit runder, gedrungener Kopfform auf und sollte daher erst in Verbindung mit Symptomen oder Beschwerden als bedenklich bewertet werden. Eine offene Fontanelle allein ist kein sicherer Hinweis auf schwerwiegendere Probleme.
Atlanto-occipital Overlapping (AOO)
AOO wird in der SM/CM-Debatte häufig übersehen. Hier drückt der erste Halswirbelkörper (C1) in die Schädelbasis, wodurch Spinalkanal samt Nervenbahnen und Liquorabfluss gestört werden. AOO und CM/SM treten auch gemeinsam auf und sind teils schwierig voneinander zu unterscheiden. Vermutlich liegt auch manchen CM-Diagnosen stattdessen eigentlich AOO zugrunde.
Symptome
Typische Verhaltensmuster bei CM/SM/AOO sind vor allem Kratzen und Schubbern von Kopf und Nacken, in der Hoffnung, den schmerzhaften Druck an diesen Stellen damit loszuwerden. Teils kratzen sich betroffene Hunde dabei nicht direkt an der Haut, sondern kurz davor in der Luft, weshalb dieses Symptom auch Phantomkratzen genannt wird. Schubbern sie zusätzlich häufig mit den Pfoten über Kopf und Fang oder reiben sich immer wieder auf Teppich, Sofa und anderen Untergründen, kann das ebenfalls auf Beschwerden im oben genannten Bereich hinweisen.
Auch das Schnappen nach unsichtbaren Fliegen oder das ständige Lecken über die Nase kann Hinweis auf Schmerzen im Kopf/Nacken sein. Bedingt durch die vorgenannten Verhaltensänderungen kann es zu häufigen Kopfschiefhaltungen und Wirbelsäulenverkrümmungen kommen. Auch allgemeine Schlappheit, Müdigkeit, Unwohlsein oder Schmerzempfindlichkeit an Kopf und Nacken, bis hin zur Aggression oder Schreiattacken durch die Schmerzen, sind möglich.
Neben Schmerzen und Druckgefühl können auch neurologische Ausfälle beobachtet werden: Halswirbel oder Hirnwasser, die auf die Nervenbahnen drücken, beeinflussen zum Beispiel die Motorik. Betroffene Hunde zeigen dann plötzlich teilweise oder komplette und beidseitige Lähmungen der Extremitäten, können kaum oder nicht mehr laufen oder stehen. Auch epileptische Anfälle sind beobachtete Symptome der Erkrankung.
Differenzialdiagnosen
Bevor eine Diagnostik auf CM/SM/AOO hin erfolgt, sollten mögliche andere Ursachen für das Beschwerdebild ausgeschlossen werden. Zum Beispiel führen Parasitenbefall, Hautpilz, Allergien oder schlechte Fellpflege zu Juckreiz; häufiges Belecken der Nase und gesteigertes Schlucken sind in erster Linie Hinweis für Sodbrennen oder andere Magenprobleme. Das Schubbern von Fang und Kopf auf Teppich & Co. kann entweder zum Reinigen des Fangs nach dem Essen dienen oder aber auf Zahnschmerzen (wie Entzündung durch Zahnstein, Zahnwechsel, lockere Zähne), Augenprobleme (wie Bindehautentzündung, Nickhautdrüsenvorfall usw.) oder Milbenbefall (der Ohren oder des Fells am Kopf) hindeuten.
Wesensveränderungen wie Schlappheit oder Müdigkeit können unzählige Gründe haben, die mittels Blutbild (laufende Infektion) und Fiebermessen in einem ersten Schritt abgeklärt werden sollten. Aggression bei Berührung kann auf alle möglichen Schmerzen hinweisen, die mittels Abtasten, Blutbild und/oder Röntgen beim Tierarzt ergründet werden sollten, oder aber einfach Ausdruck mangelnder Erziehung bei reifendem Gehirn (Hormone, Rangordnung) sein. Natürlich sind auch epileptische Anfälle jeglicher Ausprägung nicht immer automatisch durch kraniozervikale Fehlbildungen bedingt, sondern können mehrere andere Ursachen haben, die von einem spezialisierten Tierarzt abgeklärt werden müssen.
Diagnostik
CM/SM/AOO können nur durch eine MRT (Magnetresonanztomografie) eindeutig diagnostiziert werden. Aufgrund der aufwändigen Untersuchungsart muss der Hund hierfür zwingend in Narkose gelegt werden. Allein deshalb sollten vorher alle möglichen anderen Differenzialdiagnosen ausgeschlossen und die Narkosetauglichkeit (Herzuntersuchung, Blutbild, allgemeine Gesundheit) festgstellt werden.
Finden sich eindeutige Hinweise auf eine kraniozervikale Ursache, also zum Beispiel der optische Verdacht auf einen Wasserkopf, eine offene Fontanelle, ständiges Schubbern des Kopfes, neurologische oder motorische Ausfälle bis hin zu Schmerz- und Schreiattacken, sollte der behandelnde Tierarzt aber auf jeden Fall zeitnah auf die Diagnostik mittels MRT angesprochen werden.
Optische Merkmale
Äußerliche Merkmale, die als förderlich für das Vorkommen von CM/SM/AOO gelten, sind unter anderem Brachyzephalie (Kurzköpfigkeit) mit Airorhynchie (Verkippung der Kieferstrukturen nach oben/zur Stirn hin), ein stark definierter Stopp (d. h. steiler Winkel von Fang zu Stirn), ein verkürzter Fang, ein kuppelförmiger, kurzer Kopf, der teils nach oben mittig spitzer zuläuft, groß wirkende, teils hervorquellende Augen mit typischem Schielen nach außen sowie eine (beim Abtasten) offene Fontanelle.
Obwohl von diesen äußerlichen Eigenschaften besonders kleine Rassen häufiger betroffen sind, kommen CM/SM besonders häufig beim größeren CKCS (ab 30 cm Schulterhöhe aufwärts) vor. Pomeranian sind vergleichsweise deutlich kleiner und kürzer gebaut (24 cm Schulterhöhe und darunter). Die reine Körpergröße ist daher also nicht allein als ausschlaggebend für CM/SM/AOO zu sehen, sondern allem voran die anatomisch ungünstige Schädelform.
Therapie und Prognose
Nicht alle Hunde, bei denen mittels MRT die Diagnose CM/SM/AOO gesichert wurde, haben auch Symptome. Wurde rein auf Verdacht eine MRT durchgeführt und dabei die oben genannten Diagnosen gestellt, der Hund ist jedoch beschwerde- und symptomfrei, sollte die weitere Entwicklung zunächst genau beobachtet und abgewartet werden.
Leider ist häufig eine Progredienz (d. h. Fortschreiten, Verschlimmerung) zu erwarten. Mit zunehmendem Alter werden also tendenziell Beschwerden stärker und mögliche Ausfälle und Schmerzattacken häufiger. Zunächst symptomfreie Hunde können im Alter, d. h. erst mit drei, fünf Jahren oder noch später, eindeutige Symptome entwickeln.
Äußerliche Einflüsse wie Berührung von Kopf und Nacken, Temperaturschwankungen, Aufregung usw. können ebenfalls die Beschwerden negativ beeinflussen. Die genauen Behandlungsschritte und Erfolgsaussichten müssen daher immer individuell mit einem Neurologen geklärt werden.
Bei klinisch auffälligen Hunden sollten die Diagnosen CM/SM/AOO keinesfalls unbehandelt bleiben. Je nach Ausprägung der Fehlbildung und daraus resultierender Beeinträchtigung des Spinalkanals sind konservative (Medikamente) und/oder operative (Chirurgie) Therapien notwendig, um die Beschwerden so weit wie möglich zu lindern.
Studienergebnisse zu CM/SM/AOO in Stichpunkten
"Twelve years of chiari-like malformation and
syringomyelia scanning in CKCS in the Netherlands" (Wijnrocx et al., 2017)
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Der Großteil der getesteten CKCS war unter 3 Jahre alt, hiervon waren 32 % der getesteten Hunde betroffen.
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Bei SM-betroffenen Hunden wurde eine klare Progredienz mit zunehmendem Alter erkannt.
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Mit 3 bis 5 Jahren waren demnach bereits 53 % und mit > 5 Jahren schon 60 % der getesteten Hunde betroffen.
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Eine referenzierte Studie von Rusbridge et al., 2012, zeigt, dass nur etwa 35 % der mittels MRT getesteten SM-betroffenen Hunde klinische Symptome aufwiesen. Jüngere Hunde hatten dabei weniger und ältere Hunde mehr Symptome, was sich auch in zwei weiteren Studien (Driver et al., 2012, und Parker et al., 2011) zeigt.
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Rund 48 % der getesteten CKCS der o. g. Studie waren unter 3 Jahre alt, daher wird vermutet, dass die tatsächliche Zahl der SM-betroffenen Hunde aus dieser Studie einige Jahre später höher liegt.
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Es wurde ein Zusammenhang zwischen CM und SM bestätigt; das lässt vermuten, dass die Selektion gegen CM auch SM automatisch eindämmen könnte.
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Die Verfasser schlagen mehr als die alleinige Selektion nach MRT-Befund vor, nämlich auch die Selektion nach Gesundheit der Vorfahren und eventuell vorhandener Symptome des Zuchthundes.
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Grundsätzlich sei bei SM-freien Elterntieren eher von SM-freiem Nachwuchs auszugehen.
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Outcrosses beim CKCS mittels SM-freier Rassen hätten in der unmittelbaren Folgegeneration SM-freie Nachkommen hervorgebracht.
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Durch sorgfältige Selektion könnte man die Optik der Rasse weitgehend erhalten und gleichzeitig die Prävalenz von CM/SM verringern.
Fazit:
SM kann bereits früh erkannt werden, kann aber auch zunächst im MRT unentdeckt bleiben (siehe zunehmende Zahl betroffener Hunde bei zunehmendem Alter). Viele unter 3-jährige Hunde, die im MRT frei scheinen, könnten tatsächlich doch die Anlage zu CM/SM tragen und später erkranken—und damit vor Ausbruch der Symptomatik unerkannt in die Zucht gehen.
Das Untersuchungsalter ist also ausschlaggebend. Eine MRT-Diagnostik vor erstem Zuchteinsatz mit 12. Monaten kann falsch negative Ergebnisse liefern. Die Zuchtselektion sollte daher allumfassend sein und sich nicht nur auf die MRT beziehen; zudem könnten Outcrosses und eine (leichte) Änderung der Optik CM/SM im CKCS schon beträchtlich eindämmen.
"A genome-wide association study identifies candidate loci associated to syringomyelia secondary to Chiari-like malformation in CKCS" (Ancot et al., 2018)
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Es wurden zwei Gene identifiziert, die signifikant mit einer veränderten Schädelgrube einhergehen würden: PCD17 und ZWINT.
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Dennoch wird bei CM/SM hier von einem polygenetischen Erbgang ausgegangen, d. h., eine unbekannte Zahl von Genen muss vorhanden sein, damit Hunde an CM/SM erkranken, und es sind noch nicht alle bekannt.
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Eine referenzierte Studie von Lewis et al., 2010, hätte aber herausgestellt, dass der Erbgang von CM/SM "komplex und moderat" ist.
Fazit:
Die genetische Testung auf eine CM/SM-Veranlagung steckt noch in den Kinderschuhen. Wie auch die Hüftgelenksdysplasie (HD) vererbt sich die Krankheit teils über Generationen hinweg verdeckt und, je nach dem, ob die nötigen Genkombinationen vorhanden sind, liegt sie aufgrund moderater Vererbbarkeitsrate bei manchen Nachkommen vor, bei manchen nicht.
"New considerations about Chiari-like malformation, syringomyelia and their management" (Rusbridge, 2020)
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Anhand vorgelegter MRT-Bilder von CM-freien und CM-betroffenen Hunden zeigt sich, dass die natürlichere, länglichere Schädelform weniger von CM betroffen ist als die runde, kurze Schädelform, die bspw. mit Brachyzephalie und Airorhynchie einhergeht. Rusbridge nennt diese als die größten Risikofaktoren für das Vorhandensein von CM/SM.
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Auf diesen Bildern lässt sich der Pomeranian eindeutig letzteren (Brachyzephalie und Airorhynchie) zuordnen.
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Laut Rusbridge würde der Anteil bekannter betroffener Hunde beim CKCS von 25 % im 1. Lebensjahr auf 60 % im 3. Lebensjahr ansteigen und auf 70 % mit 5 Jahren.
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Hunde mit CM-Diagnose unter dem 3. Lebensjahr hätten dabei eine schlechtere Prognose als solche, die erst > 3 Jahren mit CM diagnostiziert werden.
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Es wird an einer künstlichen Intelligenz (KI) gearbeitet, die die Früherkennung im MRT von Hunden bezüglich CM/SM unterstützen soll. Es wird auf die Fehlerquelle Mensch hingewiesen.
Fazit:
Brachyzephalie und Airorhynchie, beides Eigenschaften, die auch auf den Schädel des Pomeranians bzw. Zwergspitz (und auf manche Kleinspitze) zutreffen, sind die größten anatomischen Indikatoren und Förderer für CM/SM.
Erneut wird auf das Problem mit dem Zeitpunkt der MRT-Auswertung hingewiesen: Mit steigendem Alter werden mehr Hunde im MRT auffällig; jüngere Hunde könnten im MRT zunächst unauffällig sein und damit in die Zucht gehen, obwohl sie später ebenfalls erkranken.
Zudem ist es möglich, dass unterschiedliche Untersucher MRT-Bilder unterschiedlich bewerten und ihnen ggf. sogar frühe Zeichen beginnender SM entgehen.
"Phenotypic characterization of Pomeranians with or without Chiari-like malformation and syringomyelia" (Mandigers et al., 2023)
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Daten wurden von 2015 bis 2023 gesammelt, dabei 796 Pomeranians aus 22 Ländern getestet, von denen 54.9 % CM und 23.9 % SM in der MRT-Diagnostik zeigten.
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Die meisten untersuchten Pomeranians stammten aus Russland und den Niederlanden, zwei Drittel davon besaßen eine Ahnentafel, ein Drittel stammte aus nicht ausreichend dokumentierter Herkunft.
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Es wurden beide Geschlechter zu gleichen Teilen untersucht. Das durchschnittliche Körpergewicht lag bei etwas mehr als 3 kg.
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Etwa die Hälfte der zur Studie zu MRT-Zwecken gebrachten Pomeranians wurde von ihren Besitzern vorgestellt, weil die Hunde bestehende Symptome hatten; die andere Hälfte wurde "aus Neugier" untersucht, ohne symptomatisch zu sein.
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Von den symptomatischen Pomeranians waren 62.4 % tatsächlich von SM betroffen und 34.7 % von SM (der Rest hatte die Symptome aufgrund anderer Ursachen).
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Von den asymptomatischen Pomeranians waren immer noch 53.4 % von CM und 11.9 % von SM betroffen.
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Die häufigsten von Haltern berichteten Symptome waren Kratzen mit Hautkontakt und Schubbern von Ohren/Kopf, Lecken der Luft, spontane Schmerzanzeige, persistierendes Lecken der Pfoten, Phantomkratzen (Platz 1 bis 5 der häufigsten Symptome).
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In der Studie fand sich keine Verbindung zwischen Besitz einer Ahnentafel und CM-Vorkommen generell, wobei Pomeranians ohne Ahnentafel 1.9-mal wahrscheinlicher eine schwerere Form von CM hatten als eine leichtere (wenn betroffen). Für SM fanden sich keine Korrelationen zum Vorhandensein einer Ahnentafel.
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Geschlecht und Kastration hatten ebenfalls keinen Einfluss auf CM/SM.
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Das Alter hatte jedoch einen großen Einfluss: Je älter die getesten Pomeranians, desto wahrscheinlicher lag ein CM/SM-Befund vor. Pomeranians unter 1.5 Jahren waren auch 1.5-mal weniger wahrscheinlich an CM erkrankt als Pomeranians über 1.5 Jahren; für SM betrug die Wahrscheinlichkeit mit über 1.5 Jahren sogar das 3.2-Fache.
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Auch die Größe war ausschlaggebend: Pomeranians unter 3 kg Körpergewicht hatten ein auffallend erhöhtes Risiko für SM; Pomeranians unter 2.5 kg hatten die 6.3-fache Wahrscheinlichkeit, an SM erkrankt zu sein.
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Die Verfasser betonen, dass mit knapp 800 getesteten Hunden nicht die ganze Rasse repräsentiert werden können. Zudem wurde die Hälfte der getesteten Hunde aufgrund bestehender Symptome zur Untersuchung gebracht. Eine willkürliche, stichprobenartige Studie würde realitätsnähere Ergebnisse hervorbringen.
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Die Verfasser schlussfolgern, dass bisher davon auszugehen ist, dass noch ein großer Teil der Rasse CM/SM-frei ist.
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Ebenfalls wird angemahnt, dass eine einzige MRT-Untersuchung vor erstem Zuchteinsatz (um 1. Lebensjahr) nicht aussagekräftig genug ist und theoretisch noch eine MRT mit 5 Jahren erfolgen müsste, um den ersten negativen Befund zu bestätigen bzw. prüfen.
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Züchter können die Angaben zu klinischen Symptomen sowie MRT-Untersuchungen nutzen, um ihre Zuchthunde besser zu selektieren.
Fazit:
Auch in dieser aktuellen Studie hat sich wieder gezeigt, dass eine MRT mit dem 1. Lebensjahr (vor Zuchteinsatz) keine sichere Aussage zur Freiheit von CM/SM geben kann. Eine spätere Wiederholungs-MRT mit fünf Jahren wäre nötig; ein erster Zuchteinsatz erst mit 5 Jahren wäre für eine Hündin allerdings ein zu hohes Risiko. Es muss ein Kompromiss aus MRT und Symptomen gefunden werden.
Wichtig auch: Die Größe (Körpergewicht) weist darauf hin, dass kleinere Pomeranians eher und schlimmer betroffen sind als größere.
Pomeranians ohne Ahnentafel waren, wenn sie erkrankt waren, schlimmer erkrankt, was die Verfasser vermuten lässt, dass eine gute Zuchtselektion auf symptomfreie Hunde (nicht zwingend mittels MRT, da dieses Werkzeug noch "frisch" und kostspielig ist) schon jetzt Auswirkungen zeigt.
Die Studie betont selbst, dass sie keine Aussagekraft für die gesamte Rasse haben kann, da die getesteten Hunde nicht ansatzweise willkürlich und stichprobenartig ausgewählt wurden. Es wird vermutet, dass bisher noch ein Großteil der Rasse nicht von CM/SM betroffen ist. Das heißt für Züchter, dass jetzt der beste (und späteste) Moment ist, um aktiv gegen die Erkrankung zu selektieren.
Fazit für Züchter
Die gute Nachricht: CM/SM/AOO hat zum einen eine genetische Grundlage (d. h., es wird vererbt) und zum anderen optische Merkmale, die seine Entstehung fördern bzw. wahrscheinlicher machen: Kurzköpfigkeit und Gedrungenheit von Fang und Schädel. Auch sind tendenziell kleinere Pomeranians eher und schwerer betroffen als größere.
Für Züchter bedeutet das, dass sie ihre Zuchthunde so auswählen können (Zuchtselektion auf größere Hunde mit natürlicherer Schädelform), dass sie aktiv gegen diese Krankheiten selektieren und sie damit eindämmen können.
Das bedeutet auch, dass Züchter sich gründlich über CM/SM/AOO informieren müssen, um überhaupt dagegen selektieren zu können. Sie müssen erste Symptome richtig deuten können und in der Konsequenz tierärztlich abklären lassen; im letzten Schritt mittels MRT-Untersuchung des Hundes in Narkose.
Problematisch ist die MRT, wenn sie als Allheilmittel für die Eindämmung der Erkrankung gesehen wird. Wenn sich nichts an der ungünstigen Anatomie des Schädels ändert (und damit an der Optik), werden voraussichtlich immer wieder Spitze mit CM/SM/AOO geboren. Die Rasse des Pomeranian bzw. Zwergspitz und Kleinspitz wird sich unweigerlich optisch wandeln müssen. Und da eine MRT-Untersuchung mit einem Jahr (zur Zuchttauglichkeitsuntersuchung) noch unauffällig, mit drei oder fünf Jahren jedoch auffällig sein kann, ist sie alleine nicht zuverlässig. Aufgrund der teils erst später auftretenden Anzeichen können mit nur einer MRT-Untersuchung im 1. Lebensjahr trotzdem (später) erkrankte Hunde in die Zucht gelangen und Nachkommen zeugen.
Ein Zuchteinsatz mit erst drei oder fünf Jahren und erst dann erfolgender MRT-Untersuchung wäre daher bisher die einzige Möglichkeit, eine nahezu Gewissheit zu haben, nur CM/SM/AOO-freie Hunde in der Zucht zu haben. Die Umsetzung dieses Vorhabens wird kaum möglich sein, zumal ein so später erster Zuchteinsatz für Hündinnen risikoreich ist.
Stattdessen wird in den nächsten Jahren am ehesten eine schrittweise Nachuntersuchung von Bestandshunden in der Zucht (gepaart mit oben genannter Zuchtselektion für Nachzuchten) erfolgen, um allmählich der Ausbreitung der Erkrankung entgegenzuwirken.
Grundsätzlich gilt: Schon vor endgültiger Diagnose mittels MRT müssen klinisch auffällige Hunde (temporär) aus der Zucht genommen werden, um kranke Nachkommen zu vermeiden. Steht dann die gesicherte Diagnose, in diesem Fall CM/SM/AOO, ist der Zuchtausschluss damit sofortig und endgültig.
Fazit für Käufer
Vermehrer, die sich schlicht nicht für CM/SM/AOO oder andere Krankheiten der Rasse interessieren und womöglich weiterhin kranke Hunde produzieren, wird es immer geben: in jeder Rasse, bezüglich jeder Krankheit, immer und überall. Denn sie haben Abnehmer!
Käufer tragen daher eine Mitverantwortung! Auch wenn einige Käufer keine Verantwortung bei sich sehen wollen.
Kaufen Sie überlegt! Kaufen Sie vielleicht gar keinen "Boo", "Mini" oder "Bittesokleinundkurzwiemöglich", um die stetige Übertypisierung des Pomeranians bzw. Zwergspitz und auch Kleinspitz zu stoppen. Denn genau das sind Begriffe, die unter anderem Vermehrer nutzen, um ihre Welpen zu bewerben. Und genau die mit diesen Begriffen implizierte Übertypisierung und Zucht auf Optik hat bis heute dazu geführt, dass CM/SM/AOO immer häufiger in der Rasse auftritt.
Sprechen Sie Ihren Züchter auf die Krankheiten an und belesen Sie sich, um Symptome oder erste Anzeichen vielleicht selbst zu erkennen (bei Elterntieren sowie Welpen), auch wenn der Züchter es nicht tut.
CM/SM
AOO